Umgang mit Bettlern

Was mich sonst noch so beschäftigt hat in Mailand…

Auf dem Piazza del Duomo oder auch vor dem Castello versuchen viele Afrikaner einem bunte Bänder anzulegen. Ich habe zuerst abgewehrt, aber es hieß dann, es sei Afrika-Day und ich wollte kein Spielverderber sein. Natürlich ging es dann um Geld. Ich habe versucht zu erklären, dass ich es blöd finde, dass er mir was schenken will und dann dafür etwas verlangt. Ich weiß nicht, ob er es verstanden hat, aber er hat auch nicht weiter nach der Spende gefragt. Aber wie ist der richtige Umgang mit Bettlern bzw. Straßenverkäufern? Nun ja, ich denke mal, viele fühlen sich dann bedrängt – man hat die Leistung ja nicht angefordert – und ich habe schon öfter gelesen, dass bei anderen Besuchern dafür 10 Euro verlangt wurden, bei mir wurde nur um eine Spende gebeten. Ich sah wohl nicht so geldig aus ;).

Trotzdem ist es ein Thema, das mich schon länger beschäftigt – gebe ich Bettlern etc. etwas oder nicht? Ich würde gerne, aber es gibt doch die Bettelmafia – was ist, wenn ich die unterstütze, dass sie Kinder klaut, sie verstümmelt, damit ich Mitleid bekomme? Und.. wem gebe ich etwas? Dort waren vielleicht 20 Afrikaner –ich kann doch nicht allen helfen! Reicht es, wenn ich einem etwas gebe? Oder kommt dann gleich der nächste, weil er auch etwas haben will? Bin ich naiv, wenn ich etwas abgebe? Eigentlich geht es mir doch gut. Ich kann meine Arbeitan schönen Plätzen im Warmen verrichten und muss nicht in zugigen Tunneln sitzen. Oder lachen die über mich, weil schon wieder so ein dummer Weißer auf ihre Geschäftemacherei reingefallen ist?

Umgang mit Bettlern: Soll ich etwas geben?

Ich habe vor kurzem eine Dokumentation gesehen „Engel fragt: Wie viel soll ich dem Bettler geben“, die ich wirklich gut getroffen finde. V.a. den Satz, dass man das Geld nicht jemandem geben, sondern es mit der Person teilen soll, finde ich sehr inspirierend. Ich bin in einem reichen Land geboren, habe noch nie in meinem Leben Hunger gelitten, warum soll ich mein Glück nicht mit jemandem teilen, den es weniger gut getroffen hat. Doch auf der anderen Seite überlege ich, bringt mein Geld denn überhaupt was? Nachhaltig ist es ja mal nicht wirklich. Selbst wenn die eine Mahlzeit gerettet ist, kommt der nächste Hunger ja bestimmt. Was hilft also wirklich für einen liebevolleren Umgang mit Bettlern?

Da bringt die Tätigkeit als Streetworker schon wesentlich mehr. Oder auch ein Engagement im Ehrenamt. Eine kleine Recherche im Internet und ja, auch in München gibt es eine Teestube, die ähnlich wie die Organisation in Stuttgart agiert und den Hilfsbedürftigen mit Rat, Tat und Unterstützung zur Seite steht. Ich kann es mir gut vorstellen, dass man mit vielen Dingen überfordert ist und alleine, dieTatsache, dass jemand da ist, einen aufbaut und zurück ins Leben helfen kann. Wir alle fühlen uns doch besser, wenn wir uns von anderen unterstützt und geachtet fühlen, oder? Oftmals sind es dann die kleinen Schritte, die konsequent verfolgt zum gewünschten Erfolg führen.

Umgang mit Bettlern: Geben ohne zu beschämen

Im Islam gilt das Prinzip „Geben ohne zu beschämen“, den anderen auf Augenhöhe zu betrachten. Ja, wenn ich ehrlich bin, ist das wahrscheinlich auch mein Problem. Ich sehe den anderen als bedürftig, als unter mir an und wahrscheinlich schäme ich mich insgeheim auch über mein Verhalten und weiß, dass es nicht richtig ist. Ich werde definitiv versuchen, den Bettler mit menschlichen Augen zu betrachten, anstatt beschämt die Augen abzuwenden. Nur schnell Geld hinwerfen, um das Gewissen zu beruhigen, ist nicht das gleiche, wie das Geld mit jemandem auf Augenhöhe zu teilen. Wenn ich in mich hinein spüre, fühlt sich das Teilen richtig schön warm an.

Testen durfte ich das Prinzip übrigens auch gleich am nächsten Tag, nachdem ich die Doku gesehen hatte. Ich war in Wien und ein junger Bursche – in nicht ganz perfektem Deutsch – hat mich mitten im Park angesprochen und meinte, er lebt gerade auf der Straße und hat kein Geld und sein nächster Job beginnt erst in drei Wochen. Wir haben uns ein wenig unterhalten, ich hab ihm Geld gegeben für eine Mahlzeit und er hat sich mit den Worten verabschiedet „eigentlich würde er mich gerne einladen, aber nächstes Mal dann.“ Auch wenn es voraussichtlich nicht dazu kommen wird, fand ich die Geste schön und vielleicht hilft er jemand anderem in Not und so wird meine Geste weitergetragen. Das finde ich einen schönen Gedanken. Und ja, ich habe mich danach auch selbst gut gefühlt.

Teile 10 % deines Einkommens

Auch die jüdische Sichtweise, 10 % seines Einkommens mit anderen zu teilen, finde ich eine tolle Sache. Ich glaube aber, dass es wichtig ist, dass man aus freiem Herzen gibt, die Gabe gerne teilen will und nicht nur seine Pflicht damit tut. So ist das Geben auch wirklich eine Freude für einen selbst. Ich habe dazu meinen ersten Beitrag auf gofundme geteilt. Ich unterstütze beispielsweise eine Weltreise von einem Paar. Ja, der ein oder andere wird jetzt vielleicht sagen: aber gibt es nicht genug Leid, dass man sowas unterstützen muss? Ich muss sagen: Ja, es gibt genug Leid, aber ist es nicht auch etwas wunderbares, andere bei der Erfüllung ihrer Träume zu unterstützen? Das andere Projekt wurde mir von einer Bekannten empfohlen, da eine Arbeitskollegin von ihr die Familie kennt.

Allgemein glaube ich, uns schadet ein lockerer Umgang mit Geld nicht. Nicht nur im Umgang mit Bettlern, sondern auch im normalen Alltag. Siddharta* im gleichnamigen Roman von Hermann Hesse lässt sich ja anfangs auch absichtlich über’s Ohr hauen, bis er selbstfixiert auf das Geld wird und es hortet. Ist es nicht eigentlich schön, dass es uns so gut geht, dass wir sogar so viel Geld haben, um es teilen zu können? Macht uns das Teilen nicht sogar reicher, als wenn wir alles nur für uns haben wollen?

Was haltet Ihr davon? Gefällt Euch die Idee, Euren Besitz zu teilen genauso gut? Wie ist Euer Umgang mit Bettlern? Ich freue mich auf Eure Gedanken.

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